Repression ist überall, Widerstand auch

In der Antwort des sächsischen Staatsministers der Justiz und für Europa Dr. Jürgen Martens (FDP) auf die kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im sächsischen Landtag zum Thema „Ermittlungs- und Strafverfahren in Sachsen wegen Verdachts auf Verstoß gegen §§ 129 und 129a StGB“ bestätigt sich, was zu erwarten war.

Auf Grundlage des §129 StGB laufen Ermittlungsverfahren gegen zwölf Menschen einer als „linksextremistisch“ eingestuften unbekannten „Leipziger Gruppierung“. Genauere Informationen gibt das sächsische Justizministerium nicht, weil diese Verfahren ausschließlich vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof geführt werden. Daher liegen die Ermittlungen nicht innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs.

Überraschend ist dieses offensichtlich neuere Verfahren nicht, denn kritische Initiative und Reflexion außerhalb der politischen Eindimensionalität des etablierten bürgerlichen Konsenses, wird konsequent kriminalisiert – wie in den zwei bereits laufenden Vorgängen nach §129 StGB gegen 28 Aktive in antifaschistischen Dresdner Gruppen und unzähligen Verfahren in der Vergangenheit. Nach dem jüngsten Auffliegen der verdeckten Observationen in Connewitz und Plagwitz sowie dem Peilsender an einem Auto ist zwar unklar, ob das Leipziger Verfahren damit in Zusammenhang steht und bleibt mithin Spekulation. Allerdings ist davon auszugehen, dass auch in Leipzig kontinuierlich politische Strukturen durchleuchtet werden.

Allein darin besteht der Zweck eines Ermittlungsverfahrens nach §129, da es lediglich bei einem Prozent dieser Verfahren zu einer Verurteilung im politisch linken Spektrum kam. Die Bildung einer einer „kriminellen“ (§ 129) oder „terroristischen Vereinigung“ (§ 129a) kann aus deren schwammiger Definition herbei halluziniert werden, um in deutscher Tradition und Kontinuität linke Opposition zu zermürben.

Solange wir in Verhältnissen leben, die fortwährend Prekarisierte und Marginalisierte reproduzieren, so lange braucht es auch Überwachung und Repression, um diese Verhältnisse aufrecht zu erhalten. Wir fordern die Abschaffung des §129 StGB zur Kriminalisierung politischer Opposition – und der genannten Zustände.

„Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen.“ Theodor W. Adorno

3 Antworten auf „Repression ist überall, Widerstand auch“

  1. natürlich ist adorno streitbar, nicht nur in seinem handeln aber auch in seinen inhalten und damit sicherlich kein einzelfall. das zitat zu verwenden heißt nicht, ihn zu dogmatisieren.

    adorno hat 1969 einen hörsaal mit 76 besetzer_innen räumen lassen, da der politische „diskurs“ innerhalb der revolutionären studentenbewegung in seiner radikalität nicht mehr adorno entsprach und er seinen akademischen betrieb gefährdet sah. dazu äußerte er sich im mai 1969: „Ich habe neulich in einem Fernsehinterview gesagt, ich hätte zwar ein theoretisches Modell aufgestellt, hätte aber nicht ahnen können, dass Leute es mit Molotow-Cocktails verwirklichen wollen. […] Seitdem es in Berlin 1967 zum erstenmal zu einem Zirkus gegen mich gekommen ist, haben bestimmte Gruppen von Studenten immer wieder versucht, mich zur Solidarität zu zwingen, und praktische Aktionen von mir verlangt. Das habe ich verweigert.“

    er hat sich in einer gewissen ambivalenz dazu immer gegen polizei- und staatsgewalt ausgesprochen. auch wenn er sich mit diesem verhältnis von theorie und handeln nicht nur lange mit sich selbst, sondern auch mit z.b. marcuse überworfen hat.

  2. Deine Originalitätsforderung in allen Ehren, aber dass wir uns selbst zum Vorgang äußern, finden wir durchaus angemessen. Die Meldung bei Inventati hatten (auch) wir verbreitet. Zudem verweisen wir oben auf den EA-Artikel, der ebenfalls darauf beruht.

    Zur Adorno-Anekdote kannst du bitte die damals zugrunde liegende Eingriffsermächtigung raussuchen? Es ist kaum vorzustellen, dass das vergleichbar war.

    Danke aber für die Korrektur! Da sieht mensch mal, was trotz Sorgfalt mit einer heißen Nadel passieren kann. Wenn wir abgeschrieben hätten, wäre uns das wohl erspart geblieben. ;)

  3. Erstens: Was habt ihr mit dem kleinen Ulbig angestellt, dass jetzt Martens Innenminister ist?

    Zweitens: Adorno ist ein schlechter Zeuge gegen den §129. Er holte gegen StudentInnen auch mal selbst die Polizei.

    Drittens: Das stand doch schon bei http://leipzig.antifa.de !

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