Pressemitteilung / Initiative Für das Politische erfreut über das Urteil zu Gefahrengebieten in Hamburg – Klares Plädoyer für Grundrechte – Konsequenzen auch in Sachsen ziehen

Am 13. Mai 2015 fällte das OVG Hamburg sein Urteil zu den Gefahrengebieten in Hamburg. Eine Anwohnerin des Hamburger Schanzenviertels hatte aufgrund einer polizeilichen Identitätsfeststellungs- und Durchsuchungsmaßnahme in einem solchen Gebiet geklagt. Auch das Sächsische Polizeigesetz sieht in 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 die Einrichtung so genannter Kontrollbereiche vor, in denen Menschen verdachtsunabhängig und anlasslos kontrolliert und auch durchsucht werden können. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres hatte die Polizei mit Zustimmung des Sächsischen Innenministeriums in Leipzig bereits zehn Kontrollgebiete eingerichtet und damit mehr als in den vergangenen fünf Jahren zusammen.

Das Urteil, nach dem die Maßgaben für die verdachtsunabhängigen Kontrollen “zu unbestimmt” seien und “gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit” verstießen, könnte Vorbildwirkung für Sachsen haben.

Eike Sommer von „Für das Politische“ kommentiert:
„Das Hamburger Urteil ist ein Plädoyer für die Grundrechte. Nach Ansicht der Richter würde schon die Überprüfung der Personalien – „bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben“ (1) – eine hohe „Eingriffsintensität“ in die Freiheitsrechte bedeuten. Nicht zuletzt gibt das Gericht auch der von uns mehrfach geäußerten Kritik an den hiesige Kontrollbereichen recht: Die Herabsetzung der polizeilichen Befugnisse in den definierten Gebieten öffnen Willkür und Diskriminierung Tür und Tor.“
Durch die auf der polizeilichen Lageerkenntnis basierende Festlegung auf bestimmte Zielgruppen – beispielsweise „die linke Szene“ oder „Drogen-Dealer“- wird laut dem OVG Hamburg eine stigmatisierende Wirkung entfaltet.

„Wir fordern die Abschaffung von Kontrollbereichen im Sächsischen Polizeigesetz. Derartige polizeiliche Sonderzonen verstoßen erwiesenermaßen gegen Grundrechte wie das auf informationelle Selbstbestimmung. Menschen, die sich in dem Gebiet aufhalten, werden pauschal unter Verdacht gestellt. Die Auswirkung von Kontrollbereichen auf das Kriminalitätsgeschehen ist dagegen mehr als zweifelhaft. Insbesondere wenn die Polizei die räumliche und zeitliche Dimension der Kontrollbereiche geheim hält, kann schwerlich eine Abschreckungswirkung erzielt werden, wie gern behauptet wird.“

Zwischen Weihnachten und Neujahr wurde wegen eines Aufrufs zu Sachbeschädigungen im Internet in 55! von 95 Ortsteilen der Stadt Leipzig Kontrollbereiche eingerichtet. Die Polizei verheimlichte gegenüber der Öffentlichkeit sowohl die räumliche als zeitliche Dimension.

Die Initiative „Für das Politische“ fordert Betroffene von Kontrollen in Kontrollbereichen auf sich zu melden. „Wenn die Kontrollbereiche politisch nicht zu kippen sind, dann bleibt der juristische Weg!“

Die Initiative hat zudem eine Protokollvorlage erstellt, mithilfe derer Betroffene Details einer Kontrollmaßnahme festhalten können. Dieses kann Grundlage für ein juristisches Vorgehen sein. Das Protokoll findet sich online und kann im linXXnet in der Bornaischen Straße 3d in handlicher, gedruckter Form abgeholt werden.

(1) siehe Urteil des OVG Hamburg vom 13.5.2015: http://jule.linxxnet.de/wp-content/uploads/2015/05/4bf226-12-1.pdf

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