Pressemitteilung 10. August 2014
Wenn hegemoniale Ordnungspolitik, stumpfe Bürokratie und bornierte Spießbürger*innen vereint gegen die lebhafte Nutzung öffentlichen Raumes zu Felde ziehen, ereignen sich absurde Possenspiele.
Kurz nach der Eröffnung der Streetball-Anlage am Connewitzer Kreuz zum 01.08.2014, welche angesichts eines fast sechsjährigen baurechtlichen Zaunkrieges zwischen Stadt und besorgten Anwohner*innen als historisch gelten kann, wurde die Tür des vier Meter hohen Zaunes entwendet und einem hoffentlich sinnvolleren Zweck zugeführt.
Die Tür sollte an ihrem vorgesehenen Ort die Entscheidung der Stadtverwaltung umsetzen, eine Nutzung der Anlage von 21 bis 10 Uhr zu unterbinden. Diese Entscheidung war nicht das Ergebnis einer konkreten Auflage aus Lärmschutzgründen, sondern der faule Kompromiss mit den Beschwerdeführenden, welche ihre Ruhe zusätzlich zu vitaler Nachtaktivität im lebendigsten Leipziger Viertel, drei im Zehn-Minuten-Takt rumpelnden Straßenbahnlinien und stark frequentierten Hauptverkehrsstraßen nun durch hüpfende Bälle und Menschen bedroht sahen. Dabei sind die als ruhestörend deklarierte Kletterwand und die Tischtennisplatten, welche im ursprünglichen Projektentwurf vorgesehen waren, schon als Verhandlungsmasse dem juristischen Hickhack zum Opfer gefallen.
Den andauernden Unterstellungen eines krawalllastigen Connewitz‘ steht die reale Nutzung der Anlage gegenüber, die nun schon mehr als eine Woche lang bei bestem Wetter ganztägig zugänglich ist. Abgesehen von einer kleinen Eröffnungsparty trafen sich hier keine Sportbegeisterten frühmorgens oder spät in der Nacht. Aufgrund mangelnder Beleuchtung sind dem Spielvergnügen sowieso natürliche Grenzen gesetzt.
Dass die unbedingte Durchsetzung von Schließzeiten mithilfe eines Sicherheitsdienstes genauso verblendet und realitätsfern wie das Einsetzen einer neuen Tür ist, scheint sich aus der Perspektive der Stadt nicht zu erschließen, welche sich zwar grundsätzlich für die Anlage eingesetzt hat, aber nicht vermochte, sie offensiv und konsequent durchzusetzen. Eine offensive Konsequenz die sich bei z.B. wesentlich unpopuläreren Polizeiposten nicht missen lässt. Es wurde verkündet, dass ein Reparaturauftrag ausgelöst sei und dem Erfolg des zweiten Versuchs „ganz optimistisch“ entgegengesehen wird. Die hohen Kosten für verschleppte Bauvorhaben, Sicherheitsdienste, Türen etc. sind vermeidbar und an anderer Stelle eine sinnvollere Investition.
Eike Sommer führt dazu aus: „Wir fordern die Stadtverwaltung auf, spätestens die gute Erfahrung der vergangenen Woche zum Anlass zu nehmen, die Gängelung in Connewitz zu beenden. Ein erster Schritt wäre, die unnötige und kostspielige Bewachung durch einen Sicherheitsdienst einzustellen und die Anlage – wie an anderen Freizeitanlagen in Leipzig üblich – den Anwohner*innen unverschlossen zur Verfügung zu stellen.“
Die Chronik des Streetballplatzes steht in einer Reihe mit Schließungen bzw. Beauflagungen von Spätverkäufen und Freizeitanlagen in anderen Stadtteilen, Überwachungs- sowie Repressionsmaßnahmen und weiteren Beispielen für das Versagen kommunalpolitischer Instrumente zur Lösungsfindung von Interessenskonflikten. Die Unfähigkeit städtischer Bürokratie ist allerdings nur das Symptom des eigentlichen Problems.
Wer hat ein Recht auf Stadt? Alle!
„Die Initiative »Für das Politische!« will auch diesen Themenkomplex um die Nutzung des urbanen Raumes contra Repression weiterhin öffentlich diskutieren“, schließt Eike Sommer. Wir laden alle Interessierten ein, sich an der Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltung „Kontrollbereich 04277“ am 21. September im Park an der Herderstraße zu beteiligen.
Für stärkeres Engagement, politische Partizipation und lösungsorientierte Kommunikationsstrategien in städtischer Entscheidung statt juristisches Hofieren unverhältnismäßiger und irrationaler Einzelinteressen.